Sexuelle Nötigung/Vergewaltigung
Das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung enthält die Freiheit vor Fremdbestimmung auf sexueller Basis. Der Schutz vor sexueller Nötigung bzw. Vergewaltigung ist ein Teil der Menschenwürde, die auch das Recht des Individuums umfasst, nicht zum bloßen Objekt oder Werkzeug sexuellen Begehrens Dritter herabgewürdigt zu werden.
Vorraussetzungen
Der Grundtatbestand des § 177 Abs. 1 StGB erfasst mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr die Nötigung einer anderen Person mit Gewalt oder Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder unter Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer der Einwirkung des Täters oder eines Dritten an sich bzw. zu ihrer Vornahme an dem Täter oder an einem Dritten. Die sexuellen Handlungen müssen laut § 184 h Nr.1 StGB im Hinblick auf das jeweils geschützte Rechtsgut von einiger Erheblichkeit sein. Die Grenze zur Erheblichkeit ist dabei nicht klar definiert und in der Rechtsprechung umstritten. Bei einem einfachen Küssen oder „Begrabschen“ einer anderen Person wurde diese Erheblichkeitsschwelle abgelehnt. In Fällen, in denen das Überschreiten der Grenze zur Erheblichkeit noch nicht zu bejahen und eine sexuelle Nötigung somit abzulehnen ist, hat hingegen stets eine Überprüfung auf die Erfüllung des Tatbestandes der Beleidigung auf sexueller Grundlage zu erfolgen. Eine solche kann nämlich stets auch in einer Tätlichkeit, also in einer Handgreiflichkeit, bestehen und muss nicht zwingend in verbaler Form erfolgen. Eine weitere Voraussetzung zur Erfüllung des Tatbestandes des § 177 Absatz 1 StGB ist die, dass das jeweilige Opfer in der Lage sein muss, einen eigenen Willen über die sexuelle Selbstbestimmung zu formen. Ist diese Voraussetzung nicht gegeben, ist eine sexuelle Nötigung im Sinne des Gesetzes nicht erfolgt. Keine Rolle spielen im Rahmen des § 177 Absatz 1 StGB hingegen Alter oder Geschlecht des Opfers. Auch ist irrelevant, ob Täter und Opfer sich kannten oder nicht. Somit ist also sexuelle Nötigung auch in der Ehe möglich.
Regelbeispiele für besonders schwere Fälle von sexueller Nötigung (Vergewaltigung) benennt § 177 Abs. 2 StGB mit einer Strafschärfung auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren. Die Vergewaltigung sieht als Tathandlung den ungewollten Beischlaf sowie das ungewollte Eindringen in den Körper des Opfers vor (unter anderem auch mit Gegenständen). Ein Täter, der sich wegen Vergewaltigung strafbar macht, wird mit einer Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft. Das Gesetz sieht hierbei gegenüber der sexuellen Nötigung einen deutlich höheren Strafrahmen vor.
Der Qualifikationstatbestand des § 177 Abs. 3 StGB erfasst mit einer Strafandrohung von Freiheitsentzug nicht unter drei Jahren. Eine weitere Strafschärfung ergibt sich durch § 177 Abs. 4 StGB, der eine Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren vorsieht.
Verteidigung
Sobald bekannt wird, dass ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, sollte ein Strafverteidiger beauftragt werden, der sodann Akteneinsicht beantragt. Aus den Akten lässt sich erfahren, was Ihnen konkret zur Last gelegt wird und ob dieser Vorwurf überhaupt bewiesen werden kann, denn nicht jede behauptete Vergewaltigung erweist sich als wahr. Grundsätzlich sollten solche Anschuldigungen immer äußerst kritisch zu hinterfragen sein, denn die es liegen oftmals „Aussage gegen Aussage“ Konstellationen vor, bei denen eine Falschbezichtigung nicht selten ist. Oft treten Widersprüche hervor, welche das behauptete Geschehen fraglich erscheinen lassen.